Für alle Fälle gut gerüstet.

Hochgeländegängiger Unimog U 5023 unterstützt die Berufsfeuerwehr Heilbronn.

Geradezu beschaulich zeigt sich Heil­bronn am Neckar an den ersten heißen Juli­tagen. Als Ausrichter der Bundesgarten­schau präsentiert sich die Stadt entspannt und mit viel Grün. Weniger relaxt sind die Feuerwehrleute an der Beethovenstraße. Statt scheinbarer Idylle heißt es dort Ret­tungs- und Bergeeinsätze auf B27, B39 und B 293 sowie den angrenzenden Autobahnen A 6 und A 81. Nicht zu vergessen rasche Hilfeleistung, wenn das Wetter mal wieder umschlägt und der Neckar verrückt spielt.

Für den Fall besitzen die Retter ein leistungs­starkes Siebenmann-Boot samt dazu passen­dem Anhänger. Kleines Problem: Bisher gibt es nur drei Slipanlagen am Neckarkanal, was­sern war also nicht einfach. Mit dem neuen Gerätewagen „Rüst“ gehört dieses Manko der Vergangenheit an, denn der U 5023 mit Empl-Aufbau besitzt hinter dem Fahrerhaus einen Kran, der das 5,20 Meter lange Feuer­wehrboot samt seinem 100 PS Außenborder direkt vom angehängten Tandemachs-Anhänger ins Wasser hieven kann.

Das klappt selbst an den Schleusen hervorra­gend, wo öfter schwerfällige Lastkähne durchkommen, die zuvor am Osthafen Ladungen aufgenommen haben. Tauchen muss die Feuerwehr meist nach vermissten Personen. „Zwischen zehn und 15 solcher Einsätze sind es pro Jahr“, meint Feuerwehr­mann Steffen Haas nachdenklich. „Mit dem neuen Kran sind wir jetzt viel flexibler und schneller vor Ort. Deshalb war dies eine der wichtigsten Vorgaben beim Ersatz unseres alten Rüstwagens“, ergänzt Markus Widmann, Sachgebietsleiter Technik bei den Heilbronner Einsatzkräften. „Damit können wir unser 1.000 kg schweres Boot jederzeit sicher samt Taucher und Besatzung zu Was­ser zu lassen.“

„Freilich nutzen wir die Slipanlagen wie die in Horkheim weiter. Bei Hochwasser sind solche Zufahrten aber in der Regel völlig verschlammt und mit normalen Fahrzeugen kaum befahrbar“, meint Widmann. Der U 5023 zieht seine Besatzung trotzdem mühelos aus dem sprichwörtlichen „Schlamassel“, denn er wurde ab Werk auf die von der Feuerwehr erwarteten 1,2 m Wattiefe aufgestockt und außerdem mit grobstolligen Richtungsprofilreifen ausgerüstet. Für ein Plus an Traktion drückt Steffen Haas nur kurz aufs Knöpfchen, der Reifendruck fällt und mit dann größerer Aufstandsfläche wächst der Grip aufs erforderliche Maß.

Per Fernsteuerung ab ins Wasser.

Hinter der Neckarschleuse probt das Team das Wassern des Bootes. Mit Ausfahren und Sichern der Stützen stellt Haas den Palfin­ger-Kran mittels einer Libelle „ins Wasser“. Die Toleranz beträgt nur wenige Grad. Dann errechnet der Kran selbstständig die benötig­ten Hebekräfte. Per Fernsteuerung dirigiert Haas den Knickarmausschub zum Kollegen, der zuvor am Boot den Alurohraufbau arre­tiert und den Zentralsicherungszurrgurt vorn am Hänger gelöst hat. Mit dem Vier­fachausschub schiebt sich der Haken zenti­meterweise Richtung Bootsmitte. 8,80 Meter Auslenkung zeigt der Monitor, als Haas Feu­erwehrkollege die Seilverankerung einhängt. Noch eine kurze Drehbewegung, dann wird das Seil vorsichtig entspannt – und der Schiffsrumpf hat Wasserkontakt.

Waldbrände und Bergungen am Hang.

„Wir sichern aber nicht nur 22 Neckarkilo­meter, sondern auch jede Menge Grünflä­chen und Wald, wo es an heißen Tagen schnell zu einem Waldbrand kommen kann“, meint Widmann. 1450 Hektar Wald sind es, um genau zu sein. Deshalb wurde der U 5023 auch für solche Einsätze vorbereitet. Dank hydraulischer Ladebordwand kann die Feu­erwehr Material auf Rollwägen schnell einla­den. „Etwa unsere Hochdruckspritzanlage, die 600 Liter fasst und gleich einsatzbereit ist“, erklärt der Techniker.

„Hier oben herrscht aktuell zwar Grillver­bot“, meint der Brandhelfer. „Aber nicht jeder hält sich daran. Im Fall der Fälle müs­sen wir schnell los und löschen“. Steffen Haas und die Kollegen demonstrieren den Ernstfall unter Realbedingungen in einer engen Schneise. In einem solchen Fall kommt auch die Seilwinde regelmäßig zum Einsatz – heute ganz ohne Feuer bei einem Weinbauern, dessen hängen gebliebenen Traktor die Feuerwehr wieder befreit.

Als das Stahlseil wieder eingerollt ist, fährt „HN 1/51“, wie der Neue heißt, zurück zur Bereitschaft auf die Wache. Damit die Kolle­gen ihn richtig bedienen können, steht Unterricht auf dem Lehrplan: Rund 30 Mann müssen noch geschult werden – am Kran wie auch hinterm Lenkrad des Unimog.

Text: Gerfried Vogt-Möbs, Fotos: Henrik Morlock

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